Bauherrschaft: Kanton Baselland BL
Programm: Wettbewerb
Ort
Die Schulanlage Lärchen in Münchenstein befindet sich inmitten eines überwiegend mit Einfamilienhäusern bebauten Wohnquartiers aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die feingliedrig ins Quartier integrierte Schule wurde 1953 nach den Plänen des Basler Architekten René Toffol errichtet und 1963 auch von ihm erweitert. Sie steht exemplarisch für den Schulhausbau der 1950er-Jahre und ist im Bauinventar des Kantons Basel-Landschaft als kommunal schützenswert aufgelistet. Eine wesentliche Bedeutung spielen die hochwertigen Aussenräume welche sich zwischen den einzelnen Schulhäusern aufspannen und über einen gedeckten Bereich miteinander verbunden sind, was eine hohe Aufenthaltsqualität im Aussenraum schafft.
Ein kompakter Neubau im Nordwesten ergänzt seit 2022 die Anlage. Er integriert sich mit dem flach geneigten Dach und der gestalterischen Ausformulierung subtil und fast nahtlos in den Bestand und schafft eine stimmige neue Gesamtanlage mit gestärktem Zugang von der Birkenstrasse.
Vorgaben und Strategie
Für die zu planende Einfachturnhalle steht ein austariertes Verhältnis zwischen Ökonomie, Ökologie und die gestalterische Einbindung in das Gesamtensemble im Vordergrund der Aufgabe. Um den ökonomischen und ökologischen Vorgaben gerecht zu werden, wurde darauf geachtet, den Bestand, wo funktional möglich, in die Planung zu integrieren und weiter zu nutzen, und gleichzeitig möglichst den Aushub und die notwendige Gründungsmassnahmen zu minimieren.
Konzeptionell wird der Ansatz des Weiterbauens verfolgt. Dies gilt auf der städtebaulichen Ebene mit der (sichtbaren) Baumassenverteilung und Positionierung dieser, aber auch der gestalterischen Ausformulierung des Neubaus, welcher sich selbstbewusst aber ganz klar als Teil des Ganzen integrieren soll.
Städtebauliche Setzung
Um die Massstäblichkeit des Ortes zu wahren, wurde das sichtbare oberirdische Volumen minimiert und einen Grossteil der Nutzungen im Untergeschoss angeordnet.
Das Bezug- und Aufnehmen der bestehenden UG-Koten erlaubt es, den unterirdischen Verbindungsbau zu erhalten und zu reaktivieren. Durch das Absenken der eigentlichen Turnhalle ins Untergeschoss werden über dies komplizierte Gründungsmassnahmen vermieden, da der Untergrund auf diesem Niveau, nach Abbruch des Bestandes, eine höhere Homogenität aufweist.
Das Volumen ist so positioniert, dass es den zentralen Pausenhof räumlich fasst und einen Abschluss und verstärkte volumetrische Präsenz der Gesamtanlage Richtung Gutenbergstrasse schafft.
Das nach Ost-West ausgerichtete Satteldach und ein vom Hauptvolumen abgesetzter Nebenbau nehmen die formale Sprache der bestehenden Turnhalle und Bestandsschulhäuser auf, und vermitteln gleichzeitig zum kleinteiligen Wohnquartier.
Das Volumen tritt Richtung Wohnquartier weitestgehend geschlossen in Erscheinung. Einzig Richtung Pausenplatz öffnet sich die Fassade grosszügig und lässt Einblicke und das indirekte Nordlicht in die Tiefe der Sporthalle zu.
Adressierung und Erschliessung
Die Positionierung und Freistellung des neuen Baukörpers ermöglichten eine Neuorganisation und Gewichtung der Arealzugänge. Speziell für die Abendnutzung durch externe Vereine wird ein direkter Zugang von den Parkplätzen auf der Lärchenstrasse vorgesehen. Eine Kleinbaute mit Fahrradunterstand und Notausgang aus dem UG sorgen für den räumlichen und funktionalen Abschluss zum öffentlichen Raum hin. Eine Durchwegung von der Gutenbergstrasse ist weiterhin möglich, wird aber in der Priorisierung als sekundär erachtet. Neu ist von dort schwerpunktmässig die Anlieferung und der Lagerumschlag für den Hauswart vorgesehen.
Ein Einschnitt im Volumen an der Nordwestecke Richtung Pausenhof markiert den Eingangsbereich und schafft eine gedeckte Vorzone und räumliche Verlängerung des Foyers. Eine prägnante solitäre Stütze in diesem Bereich fasst die Vorzone und nimmt in ihrer gestalterischen Ausformulierung Bezug zu den bestehenden Stützen der gedeckten Aussenbereiche im Bestand.
Programmierung, Nutzungsverteilung
Das Foyer mit Windfang und Schmutzschleuse dient gemeinsam mit der gedeckten Vorzone als Ankunfts- und Aufenthaltszone. Die Treppe im zweigeschossigen Luftraum schafft visuell und räumlich die Verbindung ins Untergeschoss und sorgt gemeinsam mit den Fenstern für eine angemessene räumliche Grosszügigkeit und Weite. Ein internes Fenster zwischen Treppe und Aufzug lässt es zu, einen ersten Blick in die Sporthalle selbst zu werfen und hilft bei der Orientierung. Über die Treppe, oder wahlweise den Aufzug, gelangt man attraktiv ins Untergeschoss und den grosszügigen Gangbereich, entlang dem sich die Sanitär- und Umkleideräume anordnen. Deren zentral gespiegelte Anordnung ermöglicht eine effiziente haustechnische Erschliessung, sowie eine klare Orientierung für die Nutzer.
Der Zugang in die Turnhalle selbst erfolgt über eine grosse zweiflüglige Türe, welche nahe der Treppe und vis-à-vis der WC-Räumen angeordnet ist. Kurze Wege sind gewährleistet.
Die Sportgeräte sind gemäss den BASPO Richtlinien sinnfällig in der Halle angeordnet. An der Stirnseite Richtung Westen die Kletterwand, das Klettergerüst sowie ein Basketballkorb. Dem gegenüber, auf der Ostseite, ebenfalls ein Basketballkorb und die Sprossenwände, welche z.T. ausgeklappt werden können. Die Nordseide mit den Fenstern wird, ausgenommen von den Minibasketballkörben, frei von Geräten sein. Die Nischen für die Schaukelringe, Klettertaue und Parallelreckstangen befinden sich, zusammen mit den Geräteraumtoren, auf der Südseite der Turnhalle.
Der Sportgeräteraum ist zentral angeordnet, wodurch die einfache Verteilung der Sportgeräte, auch für den Fall, dass mehrere Gruppen die Halle nutzen, möglich ist. Er wurde so platziert, dass er im Bereich der alten Bestandsbauten liegt, wodurch wiederrum Aushub gespart werden kann. Gleichzeitig dient er als Fundamentbau für den darüberliegenden Nebenbau.
Ein räumlich sekundär angeordneter Korridor neben dem Aufzug führt in den Bestandsbau, welcher die Nebenräume wie Sanitäts- und Putzräume, sowie die Räume für die Haustechnik und Elektroverteilung beinhalten.
Das Hauswartsbüro im EG ist räumlich von der eigentlichen Turnhalle getrennt und mit einem externen Zugang an der westlichen Stirnseite versehen. Funktional bildet dieser Raum eine Einheit mit dem Anbau Richtung Gutenbergstrasse, der von dort aus auch bezüglich Anlieferung, etc. gut zugänglich und «überwachbar» ist.
Umgang mit dem Bestand
Das neue Bauvolumen fügt sich bezüglich Körnung und Dachrandhöhen zurückhaltend in das Gesamtensemble ein und folgt dem gestalterischen Ansatz des Weiterbauens.
Bei der Gestaltung und Ausformulierung werden die verbindenden Elemente wie Dachrand- und Sockelausbildungen, aber vor allem auch die prägnante vertikale Einteilung der Fassaden mit dazwischenliegendem Fenster oder farbige Füllelemente aufgenommen, und im Kontext der neuen, gesonderten Nutzung und (Holz)-Konstruktionsweise auf die spezifischen Anforderungen adaptiert.
Es ist ein Weiterbauen und Weiterführen der reichhaltigen Geschichte des Ortes, mit einem neuen und eigenständigen Familienmitglied. Die Sporthalle sieht sich in der Generation des neuen Schulhauses von 2022 und nimmt auch über die Farbgestaltung Bezug zu diesem auf, ohne sich dabei anzubiedern.
Farb- und Materialisierungskonzept
Das äussere Farbkonzept nimmt den Bezug zu der ausgewogenen Farbvielfalt des Bestands auf. Grün dient als Hauptton der neuen Generation von Häusern. Der Einsatz der Farbe bei der neuen Turnhalle geschieht aber in Umkehrung zum neuen Schulhaus.
Die hölzernen Rippen und Sparren werden in hellgrau-weiss gestrichen und betonen, durch den Kontrast mit den dazwischenliegenden, grünen Füllelementen, die Struktur und Rasterausformulierung analog den Bestandsbauten. Die Füllelemente wiederum werden als Deckleistenschalung ausgebildet. Dies führt zu einer erweiterten strukturierten Tiefenwirkung, durch den Schattenwurf wird eine gewisse Leichtigkeit und Lebendigkeit erzeugt. Die Farbe wird nicht deckend aufgetragen, die Holzmaserung soll durchscheinen. Beim näheren Betrachten soll der Holzbau erkennbar sein.
Der murale Sockel, auf dem der Holzbau steht, ist dezent hell verputzt. Den oberen Abschluss bildet der Dachrand mit sichtbarer Rinne und Fallrohren in Kupfer als zurückhaltenden metallischen Akzent. Für die Bedachung wurde aus Kostengründen von einem Stehfalzblech abgesehen und eine leichte Welleternitdeckung vorgesehen. Diese nimmt den Bezug zu den Ziegeldächern der älteren Schulhäuser auf.
Bei den Fenstern und Türelementen handelt es sich um Holz- Alu Elemente, aussen weiss einbrennlackiert, innen Holz natur. Vor den Fenstern wird der Sonnenschutz sichtbar montiert, die orangen Stoffstoren schaffen hier einen subtilen Bezug zur bestehenden Turnhalle.
Im Innern verlässt das Gebäude den gestalterischen Weg der intensiven Farbigkeit und zeigt sich in einer robusten und funktional-ehrlichen Materialität. Der Werkstoff Holz erscheint im oberirdischen Teil der Konstruktion und den Wand- und Deckenverkleidungen. Im Erdreich wird der Baustoff Beton in verschiedenen Fassetten bei den Wänden, Decken und Böden angewendet.
Die Turnhalle selbst ist eine spannungsvolle Mischung dieser beiden Elemente. Der grünlich lasierte Beton bildet zusammen mit dem im gleichen Farbton verlegten Sporthallenboden die untere Einheit und schafft den subtilen (Farb-)Bezug nach aussen. Auf diesem, durch weiche Einbauten und Füllungen in Holz, aufgelockertem Sockel steht die sicht- und erlebbare Holzkonstruktion, welche einen warmen oberen Abschuss des Raumes bildet.
Die Korridore sind robust und funktional gehalten, ebenso die Umkleide- und Sanitärräume. Wo möglich werden die konstruktiv notwendigen Wände und Decken roh belassen, wo notwendig werden sie mit Fliessen, einem Betonüberzug, beziehungsweise einem Anstrich behandelt.
Tragwerk und Konstruktion
Der neue Baukörper wird, analog wie das abzubrechende Schulhaus, ca. 3m in den Baugrund eingebunden. Die Fundation erfolgt damit in einer gut konsolidierten Bodenschicht.
Alle Betonbauteile im Untergeschoss werden mit Recycling-Beton in Abdichtungsklasse DK1 (Weisse Wanne) erstellt. Dafür werden die Etappierung und die Zuschlagstoffe der Betonbauweise gezielt konzipiert und kontrolliert. Auch das Abdichtungskonzept wird eng begleitet. Damit wird eine hohe Qualität gewährleistet und die Eco-Anforderungen (mind. 50% Recycling-Beton) problemlos erreicht.
Das über dem UG aufgehende Tragwerkskonzept ist einfach, regelmässig und robust in Holzbauweise konzipiert. Der gewählte Stützenraster von ca. 2m adaptiert den der bestehenden Schulhäuser. Damit ergibt sich eine effiziente und kostengünstige Tragkonstruktion mit hohem Vorfertigungsgrad. Die vielen Wände gewähren ein einfaches Aussteifungskonzept. Die Deckenträger der Turnhalle haben eine Höhe von 1.0m und werden gegen die Auflager hin leicht verjüngt. Darüber folgt eine Massivholzplatte mit Überdämmung. Das konzipierte Gefälle bietet eine natürliche Notentwässerung des unbeheizten und belüfteten Dachraums. Die eigentliche Dachkonstruktion besteht aus einer einfachen Sparren-Pfetten-Konstruktion und einer Dachhaut aus Welleternit. Die Wände in Holzbauweise sind hoch gedämmt und werden aussen mit einer einfachen und robusten Fassadenverkleidung belegt. Innen werden die Turnhallenwände, wo notwendig, mit Akustikpanelen belegt, um die Anforderungen zu gewährleisten.
Nachhaltigkeit
Der kompakte Baukörper und die damit verbundene hohe Flächeneffizienz sind ein grundlegendes Element des Entwurfs. Auf diese Weise wird der Anteil der grauen Energie und der Treibhausgasemissionen schon bei der Erstellung möglichst geringgehalten. Unterstützt wird dieses Prinzip durch die Holzkonstruktion, wodurch sich der Einsatz von Beton auf das Untergeschoss und die Bodenplatte zum Erdgeschoss reduziert.
Eine Weiternutzung des bestehenden Untergeschosses wird wo funktional möglich umgesetzt.
Generell wird im gesamten Entwurf auf eine sorgfältige und suffiziente Materialisierung geachtet, um den Ressourceneinsatz zu minimieren. Die Minergie-Eco Anforderungen werden eingehalten. Es werden regionale, ökologische und gesundheitsschonende Materialien verwendet, um eine gute Bilanz hinsichtlich der Bauökologie zu erreichen. Die Materialien werden grösstenteils roh belassen, so dass bei ihrem Rückbau eine fachgerechte Entsorgung bzw. eine Rückführung in den Kreislauf möglich ist.
Es werden die Kriterien der Systemtrennung berücksichtigt und auf die unterschiedlichen Lebensdauern der Materialien abgestimmt. Bauteile mit unterschiedlicher technischer und betrieblicher Funktionstüchtigkeit werden konsequent in Primär-, Sekundär- und Tertiärsystem getrennt. Für eine nachhaltige Planung können die einzelnen Systemstufen jeweils unabhängig voneinander zu einem späteren Zeitpunkt in der Planung an ändernde Bedürfnisse angepasst werden. Die Haustechnikinstallationen werden zugänglich in Steigzonen geführt und sind somit von der statischen Gebäudestruktur unabhängig. Die robuste und dauerhafte Konstruktion ist so gewählt, dass Reparaturen und Ersatz von Einzelteilen jederzeit gewährleistet sind und sich die Instandsetzung mit geringem Aufwand durchführen lässt. Auf eine einfache Auswechselbarkeit, gute Trennbar- und Rezyklierbarkeit der Baustoffe wird Wert gelegt.
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